Kirchenasyl

Mit einem Kirchenasyl treten Kirchengemeinden für Menschen ein, denen durch eine Abschiebung Gefahren für Leib und Leben oder Menschenrechtsverletzungen drohen. Besondere humanitäre Härten sollen vermieden werden.

Indem Kirchengemeinden Schutzsuchende zeitlich befristet aufnehmen, ermöglichen sie eine Überprüfung von rechtlichen, sozialen und humanitären Gesichtspunkten. Kirchenasyl dient dem Schutz grundlegender Menschenrechte und leistet einen Beitrag zur Wahrung der Menschenwürde.

Kirchenasyl – wie geht das?

Auf dieser Seite haben wir Informationen zusammengestellt, um Kirchengemeinden in Berlin und Brandenburg bei der Durchführung von Kirchenasylen zu unterstützen. Damit ein Kirchenasyl gelingt und erfolgreich ist, müssen einige Fragen bedacht und Rahmenbedingungen erfüllt sein. Darüber möchten wir an dieser Stelle informieren. Zusätzlich werden wichtige Begriffe in einem Glossar erklärt. Bei Nachfragen steht Ihnen die Geschäftsstelle gerne zur Verfügung.

Ausführliche Hintergrundinformationen über die Geschichte des Kirchenasyls und dessen Legitimität sowie zur Situation in anderen Bundesländern finden Sie auf der Webseite der Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche (BAG).

Wichtig: In unserer Darstellung beziehen wir uns auf die Situation in Berlin und Brandenburg. Die Kirchenasyl-Praxis in anderen Bundesländern kann davon abweichen.

Die Voraussetzungen für Kirchenasyl

Um ein Kirchenasyl auszusprechen, sollten einige Voraussetzungen erfüllt sein. Falls Ihre Kirchengemeinde sich zwar gerne an einem Kirchenasyl beteiligen möchte, sich aber nicht in der Lage sieht, allein alle Voraussetzungen zu erfüllen, so kann ein Kirchenasyl auch in Kooperation mit anderen Gemeinden oder Einrichtungen stattfinden. Gerne vermitteln wir Kooperationen und suchen nach geeigneten Partnern. Sprechen Sie uns an.

Die wichtigsten Voraussetzungen sind:

  1. Eine Kirchengemeinde muss bereit sein, das Kirchenasyl auszusprechen. Der Gemeindekirchenrat fasst dafür einen entsprechenden Beschluss.
  1. Es muss eine Unterkunft für die betroffenen Personen zur Verfügung stehen, da sie nicht mehr in der Flüchtlingsunterkunft wohnen können.
  1. Die Finanzierung muss gewährleistet sein, denn während des Kirchenasyls erhalten die Betroffenen keine staatlichen Leistungen.
  1. Die Begleitung der Betroffenen sollte geklärt sein. Manche Personen benötigen bei der Wahrnehmung ihrer Angelegenheiten (Arztbesuche u.ä.) Unterstützung.
  1. Das Kirchenasyl sollte unbedingt durch eine gute Rechtsanwält*in oder zumindest eine Beratungsstelle begleitet werden. Wir empfehlen dringend, schon vor der Aussprache eines Kirchenasyls rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen.

Wichtig zu bedenken ist, dass jeder „Fall“ anders gelagert ist, so dass unter Umständen auch andere Aspekte zu beachten sind (wie z.B. die medizinische Versorgung bei kranken Menschen). Es ist auch denkbar, dass Eile geboten ist, so dass der eine oder andere Punkt erst nachträglich gewährleistet werden kann (bis auf Punkt 1, ohne den geht es nicht). Daher können wir an dieser Stelle nur eine Orientierung bieten, eine abschließende Darstellung aller Aspekte ist nicht möglich.

Wenn Sie auf dieser Seite keine Antwort auf Ihre Fragen finden, dann können Sie sich  gerne an die für Ihre Kirchengemeinde zuständigen Flüchtlingsbeauftragten im Kirchenkreis wenden. Auch unsere Beratungsstelle steht Ihnen bei Bedarf gerne zur Seite. Häufig kann gemeinsam eine Lösung gefunden werden.

Meldung des Kirchenasyls

Die ganz überwiegende Zahl der Kirchenasyle betrifft sog. Dublinfälle, bei denen eine Rückführung (Abschiebung) in einen anderen Staat des Schengenraums droht.

Hier erfolgt die formlose Meldung am Tag des Eintritts in das Kirchenasyl durch die Gemeinde per E-Mail:

– direkt an das für das Verfahren zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) an die E-Mail-Adresse Dossiers32A@bamf.bund.de
UND
– an die zuständige kirchliche Ansprechpartnerin, die auch die zuständige Ausländerbehörde informiert.

Kirchliche Ansprechpartnerin für evangelische Gemeinden ist Pfarrerin Dagmar Apel, die über kirchenasyl@ekbo.de erreichbar ist. Für katholische Gemeinden erfolgt die Meldung über das Katholische Büro Berlin-Brandenburg. Für freikirchliche und andere Gemeinden fragen Sie bitte in Ihrer Kirche, an wen Sie sich wenden müssen.

Mit der Meldung einzureichen sind dabei der Beschluss des Gemeindekirchenrates, eine Teilvollmacht sowie ein Scan des jeweiligen Aufenthaltsdokuments der Personen, denen Kirchenasyl gewährt wird (z.B. Aufenthaltsgestattung, Duldung oder Grenzübertrittsbescheinigung). Weitere Unterlagen sind zu diesem Zeitpunkt nicht zwingend erforderlich. Das BAMF bestätigt den Eingang der Meldung und teilt mit, bis wann eine Begründung (Dossier, siehe unten) eingereicht werden muss.

In anderen Fällen (Nicht-Dublin) erfolgt die Meldung direkt an die zuständige Ausländerbehörde. Bei „Nicht-Dublin-Fällen“ ist eine gute Beratung besonders wichtig.

Durchführung des Kirchenasyls

Die betroffenen Personen verlassen beim Eintritt in das Kirchenasyl ihre bisherige Unterkunft und werden in der kirchlichen Unterkunft beherbergt.

Die Kirchengemeinde stellt der betroffenen Person eine Bescheinigung über das Kirchenasyl („Schutzbrief“) aus. Diese enthält die Kontaktdaten von Personen in der Gemeinde (z.B. Pfarrer*in oder GKR-Vorsitzende). Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn die Aufenthaltspapiere abgelaufen sind und aufgrund des Kirchenasyls nicht verlängert werden können. Es kann vorkommen, dass die Polizei beispielsweise im Falle einer Personenkontrolle diese Kontaktpersonen anruft, um zu prüfen, ob wirklich ein Kirchenasyl vorliegt.

Wichtig ist zudem, dass die neue Anschrift auch Behörden, Gerichten, Rechtsanwältinnen und sonstigen Stellen mitgeteilt wird, sofern von dort evtl. Post erwartet werden kann. Dies ist besonders wichtig bei laufenden Gerichtsverfahren ohne anwaltliche Vertretung, denn wenn das Gericht eventuelle Schreiben nicht zustellen kann, kann das Verfahren wegen Nichtbetreibens eingestellt werden.

Einreichung des Dossiers

Bei Dublin-Fällen (das ist aktuell der Großteil der Kirchenasyl-Fälle) wird vom BAMF ein Dossier zur Begründung des Härtefalls verlangt. Dies muss in der Regel innerhalb von vier Wochen nach Meldung des Kirchenasyls zwingend per E-Mail eingereicht werden. (Sollte die sechsmonatige Überstellungsfrist in weniger als sechs Wochen nach Eintritt in das Kirchenasyl ablaufen, so muss das Dossier spätestens 15 Tage vor dem Fristablauf beim BAMF eingehen.) Die genaue Frist teilt das BAMF in der Eingangsbestätigung zur Meldung des Kirchenasyl mit. Wichtig: Fristen werden vom BAMF sehr streng gehandhabt und nicht verlängert.

Anders als bei der Meldung des Kirchenasyls muss das Dossier zwingend über die zuständige kirchliche Ansprechpartnerin (s.o.) übermittelt werden. Eine direkte Zusendung durch die Gemeinde wird vom BAMF nicht akzeptiert.

Bitte planen Sie für die Weiterleitung des Dossiers durch die kirchlichen Ansprechpersonen genügend Zeit ein und achten Sie beispielsweise auf Wochenenden. Die Weiterleitung erfolgt zu normalen Bürozeiten.

Bei der Einreichung des Dossiers sind vorzulegen:

1. der ausgefüllte und von der Gemeinde unterschriebene Mitteilungsbogen für Härtefälle

2. die Begründung des Härtefalls

3. ggf. ärztliche Atteste (diese können u.U. auch nachgereicht werden, dies sollte ggf. unbedingt angekündigt werden. Atteste sollten möglichst den hier ausgeführten Anforderungen entsprechen)

4. Sonstige Unterlagen, die den Härtefall belegen.

Nach der Einreichung des Dossiers prüft das BAMF, ob ein Härtefall vorliegt, der den Selbsteintritt (d.h. die Zuständigkeit Deutschlands für die Prüfung des Asylverfahrens) rechtfertigen kann. Nach unserer Erfahrung legt das BAMF dabei leider einen außerordentlich restriktiven Maßstab an, so dass seit 2018 nahezu keine Selbsteintritte mehr zu verzeichnen sind. Selbst schwerste Erkrankungen, sowohl körperlicher als auch psychischer Art, oder sonstige herausragende Härten haben nicht zur Ausübung des Selbsteintritts geführt.

In anderen Fällen, in denen kein Dublinverfahren anhängig ist, es also um eine Abschiebung in das Herkunftsland oder ein sonstiges Drittland geht, muss im Kontakt mit Behörden und Gerichten versucht werden, eine Lösung zu finden, die menschenrechtskonform und human ist.

 Fortführung und Beendigung des Kirchenasyls

Macht das BAMF vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch, so kann das Kirchenasyl beendet werden.

Lehnt das BAMF den Selbsteintritt ab (dies wird der Gemeinde mitgeteilt), wird die Gemeinde aufgefordert, das Kirchenasyl innerhalb von drei Tagen zu beenden.

In diesem Fall entscheidet die Gemeinde selbständig, wie sie verfährt: ob das Kirchenasyl beendet wird oder ob das Kirchenasyl aufrecht erhalten wird. Da die humanitäre Lage sich in der Regel nicht geändert hat, entscheiden sich viele Gemeinden dafür, das Kirchenasyl trotz Ablehnung des Selbsteintritts fortzuführen.

Die Fortführung des Kirchenasyls muss dem BAMF über die kirchlichen Beauftragten (s.o.) sowie der zuständigen Ausländerbehörde formlos per E-Mail mitgeteilt werden. Die Gemeinde kann begründen, warum sie das KA aufrecht erhält – dies ist aber kein Muss. (Eine Formulierung könnte z.B. lauten: „Hiermit teilen wir dem BAMF mit, dass das Kirchenasyl (Name, Aktenzeichen) aus den im Dossier dargelegten Gründen aufrecht erhalten wird.“)

Die Überstellungsfrist läuft auch während des Kirchenasyls weiter. Da das BAMF den Selbsteintritt regelmäßig ablehnt, werden die meisten Dublin-Kirchenasyle beendet, wenn die Überstellungsfrist abgelaufen ist.

Manche Kirchenasyle werden auch ausgesprochen, um Zeit für eine humane Lösung zu gewinnen und können beendet werden, sobald diese gefunden wurde. Generell gilt: sobald der Grund für das Kirchenasyl entfällt, sollte dieses auch beendet werden.

Das Kirchenasyl wird beendet, indem die Gemeinde die Beendigung des Kirchenasyls dem BAMF über die kirchliche Beauftragte (s.o.) formlos mitteilt.

Den Kirchenasyl-Gästen wird eine Bescheinigung über die Zeit im Kirchenasyl ausgestellt. Die Bescheinigung muss in der Regel bei der Ausländerbehörde und beim LAF/Sozialamt vorgelegt werden.

Insbesondere in Dublin-Fällen kann die betroffene Person nach der Beendigung des Kirchenasyls ihr Asylverfahren in Deutschland betreiben. Dazu ist meist eine Vorsprache bei verschiedenen Ämtern erforderlich (Ausländerbehörde bzw. Landesamt für Einwanderung (LEA) bzw. Erstaufnahme in Eisenhüttenstadt sowie Sozialamt oder Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten LAF). Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie Unterstützung benötigen. Häufig ist hier auch eine Begleitung sinnvoll.

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