05.04.2017

Keine direkten und indirekten Abschiebungen nach Afghanistan!

30.03.2017

„Afghanistan ist nicht sicher! Das ganze Land ist zerrüttet, es herrscht Krieg, die dortige Regierung kann in den Provinzen keinerlei Sicherheit garantieren – weder für Menschen die im Land sind, noch für Menschen, die aus der EU nach Afghanistan abgeschoben werden.“ sagt Thomas Ruttig zur Lage in Afghanistan. Der ausgewiesene Afghanistan-Experte, Co-Direktor des Afghanistan Analysis Network, beschrieb am gestrigen Abend die verzweifelte Situation der Menschen im Land. Die Sicherheitslage sei katastrophal und habe sich in den letzten Monaten nicht verbessert. Luftschläge, Säuberungsaktionen und Anschläge gehörten zum Alltag im Land.

Einige Bundesländer in Deutschland stellen sich gegen die Vorgabe der Bundesregierung und haben Abschiebestopps verhängt, bis die Sicherheitslage vor Ort geklärt ist. „In Berlin gibt es keinen offiziellen Abschiebestopp nach Afghanistan. Es gibt aber den Konsens im Berliner Senat, von Abschiebungen abzusehen“, so Katharina Müller, vom Flüchtlingsrat Berlin. Aus Brandenburg hingegen wurde bereits nach Afghanistan abgeschoben.

Ein klares Zeichen aus Berlin würde den betroffenen Menschen jedoch sehr helfen. Viele Afghanen, die im Verein YAAR Beratung und Unterstützung suchen, sind verunsichert und haben Angst, berichtet Kava Spartak. Sie seien vor Krieg und Zerstörung geflohen, hätten einen langen Fluchtweg hinter sich und suchten in der EU Schutz. Die Furcht vor einer drohenden Abschiebung sei groß. „Wie sollen Menschen, die seit den 70er Jahren, also seit drei Generationen, Krieg, Flucht und Vertreibung erleben, mit existentieller Angst ihre Zukunft planen, die Sprache lernen und sich integrieren?“

Neben den direkten Abschiebeflügen aus Deutschland nach Kabul gibt es auch indirekte Abschiebungen: Die Beratungsstelle von Asyl in der Kirche Berlin e.V. verzeichnet zunehmend Anfragen nach Unterstützung von Afghanen, deren Asylantrag z.B. in Norwegen abgelehnt wurde und denen von dort die Abschiebung droht. Aus Angst vor der Rückschiebung haben viele einen weiteren Asylantrag in Deutschland gestellt.

Laut der europäischen Dublin-Verordnung ist jedoch Norwegen für den Asylantrag zuständig. Die deutschen Behörden prüfen hier lediglich die Zuständigkeit eines anderen EU-Staates und schieben diese Menschen wieder dorthin ab. Faktisch bedeutet dies, dass es sich hierbei um Kettenabschiebungen und indirekten Abschiebungen nach Afghanistan aus Deutschland handelt.

Asyl in der Kirche Berlin e.V. fordert den Berliner Senat und die Landesregierung Brandenburg auf:

  • einen offiziellen Abschiebestopp nach Afghanistan zu erlassen
  • sich auf Bundesebene für eine Aussetzung des Dublin-Systems einzusetzen, das indirekte Abschiebungen nach Afghanistan zur Folge hat

Asyl in der Kirche Berlin e.V. fordert die Bundesregierung auf:

  • von Abschiebungen nach Afghanistan abzusehen und diese auszusetzen
  • eine Neubewertung der Sicherheitslage in Afghanistan vorzunehmen
  • die europäische Dublin-Regelung auszusetzen, damit es zu keinen Kettenabschiebungen nach Afghanistan kommt
  • sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass Abschiebungen nach Afghanistan ausgesetzt werden.

Pfarrer Bernhard Fricke
Vorstandsmitglied von Asyl in der Kirche Berlin e.V

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