15.10.2024

Nachruf: Elisabeth Reese

Elisabeth Reese (4. Dezember 1939 – 29. September 2024)

Wir trauern um Elisabeth Reese, die 84-jährig am 29. September 2024 verstorben ist.

Elisabeth Reese war Juristin und hat über viele Jahre die juristische Beratung für geflüchtete Menschen durch Asyl in der Kirche entscheidend geprägt. Für unzählbar viele Menschen ist sie zur Lebensretterin in ausweglosen Situationen geworden. Sie war ein Vorbild an Zuwendung zu einzelnen Geflüchteten und in der Verteidigung der Menschenrechte von Geflüchteten und Migrant:innen.

Elisabeth Reese begann schon Ende der 1960er Jahre in ihrer Berliner Wohnung mit der Beratung von Geflüchteten. Der erste Kontakt zu einer Organisation war der zu Amnesty International. Die ersten zu beratenden Gruppen waren Kurden aus der Türkei, aus Syrien und dem Irak, darunter viele Yezid:innen. Dann waren es palästinensische Flüchtlinge, denen die Abschiebung drohte.

1983 fanden in Berlin die ersten Kirchenasyle statt. Die Beratung fand im Gemeindehaus in der Nostizstraße statt. Hanne Garrer war als wichtige Beraterin dabei, dazu kamen viele engagierte Rechtsanwält:innen wie Rüdiger Jung, Wolfgang Wieland, Margarete von Galen, Dieter Kirsinowski und andere. Anfang der 90er Jahre holte Pfarrer Jürgen Quandt Elisabeth Reese als professionelle Beraterin in die Heilig-Kreuz-Kirche. Im Verein „Asyl in der Kirche“ konnten wir ihr leider immer nur geringe Honorare zahlen. Sie war dennoch 100% engagiert für die Notleidenden.

Viele erinnern sich an Sofa, Sessel, Schreibmaschine, Samowar, an Kaffeetasse und Zigaretten, vor allem an den vollen Warteraum. Viele erinnern sich auch an die Mitarbeitenden in der Beratung, zuletzt an die beiden Dolmetscher:innen Katerina Bandelov und Salem Seyan.

Seit 1990 arbeitete Elisabeth Reese auch in der juristischen Beratung der Integrationsbeauftragten des Landes Brandenburg.

Als Juristin fand Elisabeth Reese im Dschungel von Gesetzen und Verordnungen immer wieder einen Weg – und wenn es als letzte Möglichkeit das Kirchenasyl war. Mit ihrem politischen Verständnis und in ihrer persönlichen Zuwendung zu einzelnen Schicksalen hat sie ein deutliches Zeichen der Menschlichkeit gesetzt.

Neben den vielen Einzelschicksalen gab es immer wieder auch Gruppen, denen Gefahren für Leib und Leben bei einer Abschiebung drohten. Elisabeth Reese kümmerte sich sehr um Roma, besuchte auch die Herkunftsländer, und sie kümmerte sich um die Kriegsflüchtlinge, die während des Bosnienkrieges zum Teil schwer traumatisiert nach Deutschland kamen. Später waren es die Geflüchteten auf dem Oranienplatz in Berlin.

Ihre Erfahrungen brachte Elisabeth Reese in ein Netzwerk von Beratungsstellen ein. Aus dieser Zusammenarbeit konnten politische Initiativen wie die Härtefallkommissionen und so mancher Abschiebungsstopp entwickelt werden. So trug sie auch zu einer im Bundesvergleich liberaleren Berliner Flüchtlingspolitik bei.

2013 wurde Elisabeth Reese mit dem Integrationspreis der Stiftung „Überbrücken“ für Ihr zum großen Teil ehrenamtliches Engagement für Geflüchtete und für Menschenrechte geehrt. Im Jahr 2020 konnten wir Elisabeth Reese in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden.

Im Interviewprojekt zum 40. Jubiläum von Asyl in der Kirche im Jahr 2023 hat sie noch einmal eindrucksvoll aus ihrem Leben und über die Kirchenasylbewegung berichtet. Aus dem 2,5 stündigen Interview wurden hier kurze Ausschnitte zusammengestellt.

Voller Hochachtung und Dankbarkeit denken wir an Elisabeth Reese.

Der Vorstand von Asyl in der Kirche Berlin-Brandenburg e.V.

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