21.04.2020Stimmen aus dem Ehrenamt – Uschi, Koordination
„Es ist nie nur Lernen – es ist immer auch Austausch und Diskussion“
Uschi begeht in diesen Tagen ein kleines Jubiläum: Seit 5 Jahren engagiert sie sich nun bei „weltweit – die Freiwilligengruppe von Asyl in der Kirche e.V.“. Das Jubiläum fällt in eine ungewöhnliche Zeit – alles ist dieser Tage anders. Auch der Deutschunterricht, den Uschi koordiniert, findet zurzeit nicht statt.
Interview: Rieke Lassen, Projektkoordinatorin „Stark im Ehrenamt“, Flüchtlingskirche
Wie sieht Dein Engagement bei „weltweit – die Freiwilligengruppe von Asyl in der Kirche e.V.“ normalerweise aus, was machst Du?
Ich koordiniere die Ehrenamtlichen. Das beinhaltet die regelmäßige Informationsvermittlung an die Engagierten, die Organisation der Deutschkurse, die Suche nach neuen Lehrer*innen, Vermittlung von methodisch und didaktischen Hilfen, den regelmäßigen Austausch mit den Engagierten und und und. In letzter Zeit habe ich natürlich auch Infos zu Corona in verschiedenen Sprachen an die freiwillig Engagierten geschickt. So können die Ehrenamtlichen die Informationen an diejenigen weiterleiten, mit denen sie weiterhin in Kontakt stehen.
Darüber hinaus unterstütze ich ehrenamtlich einige Menschen, die ich nun zum Teil auch schon seit 5 Jahren kenne. Und dass wir uns gerade nicht persönlich sehen können, ist schon eine riesengroße Einschränkung.
Wie genau wirken sich denn die Einschränkungen aus?
Einer zum Beispiel hatte Probleme mit einer Behörde. Als ich dann dort in der Behörde anrief, sagten sie, dass sie aus datenschutzrechtlichen Gründen nichts sagen können, er müsse sich selber melden. Da er aber sprachlich in Deutsch nicht so fit ist, ist das dann eine echte Herausforderung und es dauert, so etwas zu regeln.
Wie hättet ihr es sonst gelöst?
Ich wäre einfach zur Behörde mitgegangen. Aber das geht nun eben nicht und wir müssen uns irgendwie behelfen.
Hast Du darüber hinaus Kontakt zu Personen, die Du sonst auch unterstützt?
Ich unterstütze auch eine Schülerin der elften Klasse eines Gymnasiums. Der Nachhilfeunterricht findet nun telefonisch statt. Ich sage Dir – ich lerne viel. Ich lerne wirklich viel (Uschi lacht). Die Schülerin wird gerade überhäuft mit Hausaufgaben. Die Aufgaben sind für Nicht-Muttersprachler*innen aber oft schwer verständlich, so ist mein Eindruck. Ich versuche die Schülerin dabei zu unterstützen, die Aufgabe an sich als auch den Hintergrund der Aufgabe zu verstehen. Sie ist seit 5 Jahren in Deutschland und ist ein kluges Mädchen. Sie spricht auch toll Deutsch. Dennoch fehlt manchmal ein gewisses Verständnis dafür, wie die Dinge hier funktionieren. Sie hat einfach andere Lebenserfahrungen gemacht. Insofern bemühe ich mich die Hintergründe geduldig zu erklären – was auch viel Spaß macht. Zum Beispiel die Grundlagen zum Aufbau unserer Gesellschaft, die Gewaltenteilung, welche Rolle spielt die Presse – solch spannende Themen und Fragen tauchen auf.
Das klingt interessant. Diskutiert ihr dann auch darüber?
Ja, es ist nie nur Lernen – es ist immer auch Austausch und Diskussion. Es macht richtig Spaß. Es ist zwar neu für uns, dass wir es über das Telefon machen. Aber ich bin dankbar dafür, dass es diese Möglichkeit überhaupt gibt.
Ist Online-Lernen oder Lernen via Smartphone aus Deiner Sicht eine gute Alternative?
Durch unsere verschiedenen Netzwerke erreichen mich auch Infos zu der Situation in den Unterkünften. Hier haben es die Menschen deutlich schwieriger: Es gibt nicht immer W-Lan in den Zimmern, die Kids haben oft nicht die Hardware, um online Schularbeiten zu erledigen – das ist schon eine dramatische Situation, denke ich. Zurzeit recherchiere ich auch viel zu digitalen Lernmöglichkeiten und das Angebot ist durchaus groß. Allerdings gibt es kaum etwas für Menschen, die keinen Handyvertrag haben, also nur Prepaidkarten nutzen, und keinen Laptop besitzen. Alle Online-Kurse, so scheint es, sind auf eine andere Hardware ausgerichtet und mit Smartphones nicht nutzbar.
In dem Zusammenhang beschäftigt mich die Frage, ob es grundsätzlich möglich ist, mit einem Smartphone zu lernen – was ist hier möglich? Es gibt einige Apps, habe ich jetzt gelernt, die nützlich scheinen, wenn die Online-Kurse nicht zugänglich sind. Mit den Apps kann man zumindest ein paar Vokabeln lernen, vielleicht auch Sätze schreiben und etwas Grammatik. Wie das mit Hören und Sprechen ist, weiß ich allerdings nicht.
Tut es Dir denn gerade auch gut mal etwas kürzer zu treten?
Kürzer treten tue ich eigentlich nicht. Ich mache nicht weniger, nur andere Sachen.